Vorwort:
Endlich ist es soweit : Ich kann das tolle Geburtstagsgeschenk meiner Familie einlösen.
Nach
Jetzt viel Spaß bei meinem kleinen Reise- und Sportbericht
27.05.2011
Die Reise nach Stockholm beginnt für mich offiziell um 4 Uhr morgens, da ich zu diesem Zeitpunkt aufstehen sollte. Inoffiziell eher um 1 Uhr, mit halbstündigen Zwischenstopps da ich nicht mehr schlafen konnte.
Die Tasche ist gepackt und nach einem kurzen Obst-Frühstück machen wir uns mit dem Auto auf den Weg. Die Ampeln sind noch alle ausgeschaltet, von daher kommen wir gut durch (und ich hätte noch ein ¼ Stündchen länger wach im Bett liegen können). Das Auto wird in Ohlsdorf geparkt, den Rest der Strecke legen wir mit der S-Bahn zurück und so sind wir gegen 5.30 Uhr am Flughafen angekommen.
Das erste ernstzunehmende Hindernis an diesem Morgen ist der Automat zum einchecken. Irgendwie wollte der nicht so wie wir, aber am Ende hat es doch noch geklappt. Die Dame am Gepäckschalter hat allerdings noch mal freundlich nachgefragt, ob wir wirklich nicht zusammen sitzen wollen und uns gestritten haben. Nachdem wir glaubwürdig versichert haben, dass wir gern nebeneinander sitzen würden, nur der Automat in seiner Boshaftigkeit etwas dagegen hatte, hat sie uns es doch ermöglicht, 2 nebeneinander liegende Plätze in der Reihe 7 zu reservieren. Tja, blöder Automat, wer zuletzt lacht …..
Beim warten bis zum Einsteigen im Gate fallen mir einige andere Läufer/innen auf, die offensichtlich dasselbe Ziel haben wie wir. Die Spezies „Läufer“ fällt insbesondere dadurch auf, dass sie schon jetzt Laufschuhe oder T-Shirts tragen, die einen als Läufer/in kenntlich machen. Sollten Läufer diese Zeilen lesen, mögen sie mir bitte nicht böse sein, ich nehme mich ausdrücklich auch nicht davon aus. Noch ein Hinweis an dieser Stelle, sage nie zu einem Läufer Jogger. Er wird es niemals verzeihen und spricht nicht mehr mit dir, bis du ihm glaubwürdig versichert hast, dass es irrtümlich passiert ist.
Der Flug verläuft recht unspektakulär, auch wenn Susanne erst mit der Größe des Flugzeugs ein Problem hat und außerdem hat es ja sowenig Triebwerke. Was ist, wenn eins ausfällt? Ich werde da mal jetzt nicht näher darauf eingehen.
Die Wettervorhersage für Stockholm lässt uns aufhorchen, 9 Grad und Regen. Na ja, ist noch früh, kann sich noch ändern (Zweckoptimismus). Zum Glück habe ich meine Laufsachen fast komplett mit und dazu gehört auch eine schöne warme Jacke, die ich mir in Dänemark zugelegt habe. Jetzt hatte Susanne das 2. Problem an diesem Tag, wärmere Sachen Fehlanzeige.
Der Flughafen Arlanda ist ca. 40 Km von der Hauptstadt entfernt. Als wir das Flughafengebäude verlassen regnet es Bindfäden und es ist wirklich 9 Grad kalt. Ich ziehe meine schöne, blaue, warme Jacke an, was Susanne mit einem neidischen Blick zur Kenntnis nimmt. Bevor kritische Anmerkungen kommen, ich habe ihr natürlich meine andere Jacke angeboten.
Wir entscheiden uns , für den Transfer in die Stadt den Flughafenbus zu nutzen, der fährt in 10 Minuten-Abständen und ist auch wesentlich kostengünstiger als ein Taxi oder die Bahn. Schon während der Fahrt fällt uns auf, dass die Bodenbeschaffenheit hier ganz anders ist, zum Teil sehr felsig.
Der Bus hält ca. 200 m. vor unserem Hotel, dem Elite Palace Hotel.
Das Hotel sieht auf den ersten Blick von außen ganz gut aus. An der Rezeption wird uns mitgeteilt, dass unser Zimmer noch nicht zur Verfügung steht, ist ja auch erst 9 Uhr. Wir stellen unsere Tasche dort ab und machen uns auf den Weg in die Stadt, um u.a. die Startunterlagen abzuholen. Inzwischen hat es aufgehört zu regnen. Noch ist nicht so viel los auf den Straßen, wir haben unser Navigationsgerät (Stadtplan) gezückt und machen uns auf den Weg.
Zuerst steht die Abholung der Startunterlagen auf dem Programm. Wir machen uns auf den Weg vom Hotel zur Marathonmesse. Die Messe ist ca. 500 m vom Stadion entfernt. Bis dahin ist es ein ganz schön langer Fußweg. Ich hatte eigentlich nicht vor, mir bereits vor dem großen Lauf runde Füße einzuhandeln. Na ja, shit happens, wird schon funktionieren. Wir haben die Möglichkeit genutzt und schon mal einen ersten Blick in das Stadion geworfen. Es ist sehr beeindruckend, die alten Tribünen und die Ausstrahlung des gesamten Komplexes lassen erahnen, um was für einen nostalgischen Ort es sich handelt.
Die Marathonmesse ist im Vergleich zum Hamburger Abbild recht überschaubar, allerdings nicht langweilig. Nach der Abholung der Unterlagen sind wir noch durch die Gänge geschlendert und ich habe mir eine Massage der Beinmuskulatur gegönnt, obwohl Susanne mutmaßte, dass dieses der Anfang vom Ende wäre, weil abweichend von der Normalität. Nachdem wir noch viele Fotos vom Streckenverlauf gemacht haben und wegen EHEC lieber auf Burger und Co verzichten, beschließen wir, uns auf den Weg zum Wasser zu machen. Irgendwo soll es hier ja Wasser geben und wir sollen auch fündig werden.
Inzwischen ist es fast Mittag und wir haben langsam Hunger und beschließen im „TGI Fridays „ lecker zu essen. Danach schlendern wir am Hafen, vorbei an herrlichen Gebäuden und Hotels, die an Nizza oder Cannes erinnern, an Hausbooten und jeder Menge Straßencafès. Wir machen viele Bilder, die wir diesem Artikel beifügen. Es ist alles zusammen sehr beeindruckend, inzwischen ist es sonnig und der Regen vom Vormittag ist vergessen.
Es ist jetzt fast 16 Uhr, mir reicht es für heute. Auch ein Eis hilft nicht mehr wirklich weiter und da der nächste Tag genug mit Laufen zu tun haben wird, machen wir uns mit der U-Bahn auf den Weg zum Hotel. Dies liegt eher in einer Wohngegend. Unterwegs kaufen wir noch für das Abendbrot ein paar Kleinigkeiten im Supermarkt ein. Es fällt uns auf, dass ungewöhnlich viele, kleine Restaurants in den anliegenden Straße zu finden sind. Das Hotelzimmer ist für 2 Personen völlig ausreichend, wir wohnen im 8. Stock. Na ja, ehrlich gesagt, 4 Sterne sind etwas hoch angesetzt. Die Möbel sind schon etwas angekratzt, eine Toilettenbürste ist nirgends zu finden und die Duschtrennwand lässt einen Großteil des Wassers die Freiheit, sich im Badezimmer zu verteilen, aber es ist völlig ausreichend. Nach dem Abendbrot noch etwas Fernsehen, dann schlafen, es wird am nächsten Tag sehr anstrengend werden.
28.05.2011
Aufstehen um 8 Uhr, das Frühstücksbuffet lässt keine Wünsche offen. Obst, Brötchen, Ei und auch für die englischen Gäste wird gesorgt (Ham & Eggs).
Es sind auch heute viele Läufer/innen am Buffet erkennbar, unterschiedlichste Nationalitäten Engländer, Schweizer, Österreicher : eine gewisse Nervosität ist spürbar. Auch ich kann eine gewisse Anspannung nicht verleugnen. Viele Trainingstage finden heute ihren Abschluss, ich fühle mich gut, es kann losgehen. Susanne wird heute für einen Großteil meiner Verpflegung sorgen, wir vereinbaren Treffen an den KM.-Punkten 21,1 (Halbmarathon) 30 und 38. Da ich kein Handy dabei habe, treffen wir uns nach dem Zieleinlauf an der goldenen Messingtafel am Stadioneingang. Bei dieser Vorgehensweise habe ich den Vorteil nicht alle Verpflegungsstände anlaufen zu müssen, dort ist es immer ziemlich voll und eng, darüber hinaus verliert man leicht den Rhythmus.
Gegen 10 Uhr mache ich mich auf den Weg mit einigen Südtirolern. Die U-Bahn wird, je näher wir dem Startpunkt kommen, immer voller. Der Umkleide- und Vorbereitungsbereich liegt direkt neben dem Stadion. Unzählige Reihen von Dixi-Toiletten stehen bereit mit unglaublich langen Menschenschlangen davor. Ich mache mich in aller Ruhe fertig und gebe den Kleiderbeutel ab. Danach warte ich auch noch mal etwas länger in einer der vorgenannten Schlangen. Es ist heute bewölkt aber trocken und für meinen Geschmack etwas kalt, egal.
Ich begebe mich in meinen Startblock mit vielen anderen, komme mir vor wie ein Lemming. Hubschrauber kreisen über dem Startbereich. Um 11.30 Uhr fällt der Startschuss für die erste Läufergruppe, die ganz Schnellen. Gänsehaut pur und zehn Minuten später der zweite Startschuss für uns, der Adrenalinspiegel steigt an. Man wünscht sich Glück und klatscht sich mit den Nebenleuten ab. Die erste Matte der Zeitnahme wird überlaufen, der Start ist erfolgt. Jetzt ist es wichtig, dass richtige Tempo zu finden und nicht zu überpacen. Das Feld ist noch sehr nahe beieinander, also müssen auch Stolperfallen beachtet werden. Nach ca. 5 Km. wird es etwas übersichtlicher, dass Feld zieht sich etwas auseinander, ein Blick auf den Garmin Forerunner zeigt, dass ich ein vernünftiges Tempo laufe, der Puls ist zwar rech hoch, aber das ist wohl der Aufregung geschuldet. Ich habe eine Flasche mit Apfelschorle, Traubenzucker und einen Riegel dabei.
Jetzt, wo etwas Zeit ist, kann ich die Zuschauer näher betrachten, die schon jetzt zahlreich an der Strecke postiert sind. Familien mit Kindern, Alt und Jung, sind auf den Beinen und beobachten die Läufer. Viele haben Schilder und Transparente dabei, um ihre Lieben zu unterstützen, wenn sie bei ihnen vorbeikommen. Die Anfeuerung fällt zwar noch etwas zaghaft aus, dies liegt wohl daran, dass Läufer auf Läufer neben Läufer stundenlang folgt und es etwas schwierig ist, Freunde oder Verwandte in der Menge zu finden.
Die ersten Musikgruppen am Straßenrand sorgen für Stimmung und dies wird auch mit Jubel und Applaus von den Läufern honoriert, wenn es gerade passt und man nicht mit sich selbst beschäftigt ist. Bei Km. ??? gibt es die nächste kräftige Gänsehaut und dies nicht wegen eines Kälteeinbruchs. Die königliche Garde in Paradeuniformen macht Musik für die vorbeilaufenden Marathonis, ein bewegender Augenblick.
Die Zeitmessungen erfolgen alle 5 Km. Die ersten Verpflegungsstände mit Getränken lasse ich links liegen. Ich habe mein eigenes Getränk dabei und bin es auch aus dem Training gewöhnt, dass ich die ersten 20 Km mit meiner Flasche gut auskommen kann.
Ich laufe eine Weile mit einem Amerikaner zusammen, er trägt die Flagge seines Landes auf dem Rücken und dort steht auch sein Name „Speedy Gonzales“ (früher gab es einen Film über „Speedy Gonzales, die schnellste Maus von Mexiko) also ein Amerikaner mit Migrationshintergrund. Es ist sein Marathondebüt, ich wünsche ihm viel Erfolg, dass er den Lauf gut durchsteht und im Ziel ankommt. Unsere Wege trennen sich nach einiger Zeit wieder, wenn auch das Ziel gemeinsam bleibt (und angekommen ist er auch).
Es geht über Brücken und durch Tunnel, ich nähere mich der Halbmarathonmarke, diese liegt in einem Naturschutzgebiet. Dort ist es etwas ruhiger und es sind nur eine Handvoll Zuschauer zu sehen, die aber versuchen, fehlende Quantität durch Qualität des Anfeuerns auszugleichen. Jeder Läufer wird beklatscht und gefeiert als wäre er schon im Ziel, dabei ist gerade mal die Hälfte „abgefrühstückt“. Susanne ist wie vereinbart am Treffpunkt und ich erhalte mein neues Getränk und eine Banane. Ein Kuss und weiter geht es, sie ruft mir noch nach „Du bist zu schnell, lauf langsamer“.
Die Banane habe ich wirklich gebraucht, es wurde Zeit etwas zu essen. Langsam fällt es mir schwerer und es piekst hier und da. Ich freue mich auf das 2. Treffen mit Susanne bei Km 30, in der Innenstadt von Stockholm in der Kurlingsgatan (?). Hier ist eine Gruppe von Amerikanerinnen, die jeden Läufer, der irgendwie auf sie reagiert enthusiastisch anfeuert. Susanne und ich sprechen nur kurz und es geht jetzt in eine Phase, die sehr schwierig wird. Dies spiegelt sich auch in meinen Laufzeiten wieder. Bei anderen Läufern kommt es zu noch größeren Einbrüchen, es rächt sich jetzt, die ersten KM des Rennens zu schnell angegangen zu sein. Im Extremfall kann dies letztlich bis zur Aufgabe des Rennens gehen.
Ich laufe weiter, wenn auch langsamer, teilweise gehe ich auch ein paar Schritte. Jetzt werden auch von mir die Verpflegungsstände angelaufen, es verschafft etwas Ruhe und ich kann mich wieder sammeln, um möglichst wieder in den Laufschritt zu kommen. In dieser Phase, ab KM 30, sind die Zuschauer eminent wichtig und es ist ungemein motivierend den Zuspruch zu erhalten. Auch in der Vorbereitung bin ich nie mehr als 30 Km gelaufen. Ich setze mir jetzt immer Kurzziele, so nach dem Motto, bis Km 35 sind es doch nur noch 2 Km usw. Bei Km 38 steht das letzte Zusammenkommen mit Susanne an, den Laufgurt mit der Flasche brauche ich jetzt nicht mehr, ich schmeiße ihn ihr zusammen mit dem Regenumhang von Reebok, den es freundlicherweise beim Hamburg-Marathon gab und den ich zusammengeknüllt unter dem Taschengurt 38 km durch Stockholm getragen habe, vor die Füße : unnötiger Ballast für die letzte Etappe. Noch eine letzte Banane (ich komme mir schon vor wie ein Affe mit den ganzen Bananen) und wieder ein Kuss, ist ja auch motivierend und dann auf zu den letzten 4,195 Km. Das Ziel so „nah“ vor Augen geht es wieder etwas besser mit dem Laufen. Der Einlauf in das alte Olympiastadion treibt mir die Tränen in die Augen. Auf der Tribüne jubeln die Zuschauer den Läufern zu, ich springe wie ein Hüpfball, Freude pur und laufe die letzten Meter durch das Ziel. Mit 4:34:12 ist dies zwar nicht mein bestes Ergebnis, aber das ist wirklich nur nachrangig zu betrachten. Ich bin angekommen und das zählt.
Es war meine 5. Marathon Teilnahme und nach meinem Empfinden der schönste Lauf. Die Organisation und Nachsorge im Ziel war gelungen und wer sich 2 Minuten und 47 Sekunden Zeit nimmt, kann sich das Rennen aus der Läuferperspektive über den folgenden Link ansehen.
An dieser Stelle möchte ich meinen Bericht beenden.
Susanne und ich haben noch den ganzen Sonntag mit Sightseeing verbracht und gegen 20 Uhr den Rückflug aus Stockholm nach Hamburg angetreten.
Wir wollen es noch mal versuchen, uns aber etwas mehr Zeit nehmen. Die Stadt ist nicht nur eine Reise wert.
Viele Grüße
Volker
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